Seit dem großen Mediaspektakel im Oktober – dem ersten Futsalländerspiel Deutschlands – ist wieder der Alltag in Deutschlands Futsalligen eingekehrt. Die große Euphorie scheint verflogen. Viele Vereine kämpfen weiterhin um die Existenz und seit dem Länderspiel wurden wieder neue Auflösungen von Futsalvereinen (bzw. der Rückzug vom Spielbetrieb) verkündet. Vor ein paar Wochen berichteten wir deshalb, dass sich das Wachstum von Futsalclubs verlangsamt hat und der deutsche Futsal daher einen dringenden Hype benötigt(https://misterfutsal.de/2016/10/29/futsalwachstum-warum-der-aktuelle-futsal-hype-dringend-benoetigt-wird/), um das Wachstum des deutschen Futsals zu stabilisieren und bestenfalls zu beschleunigen. Damals sahen wir die Entwicklung vielleicht etwas zu negativ, als wir davon sprachen, dass der vielzitierte „Futsalboom“ eigentlich nicht existent ist. Einige Fans von Mister Futsal teilten uns mit, dass wir da vielleicht etwas zu schwarz sehen und wir den Länderspieleffekt mal abwarten sollten. Das haben wir nun gemacht und möchten schauen, ob sich etwas in Deutschland getan hat.
Zur Analyse des Futsalinteresses und des Einflusses des Länderspiels auf die Nachfrage nach Futsal wollen wir uns im Folgenden die Entwicklung der Google-Anfragen nach „Futsal“ in Deutschland und die Wikipedia-Aufrufe der deutschen Seite „Futsal“ genauer anschauen, um das Phänomen Futsal besser zu verstehen.
Entwicklung der Google-Suchanfragen
Mit Blick auf die Google-Hits von 2011 bis Dezember 2016 (Abbildung 1) ist der Länderspieleffekt gar nicht so deutlich erkennbar. Neben eines kontinuierlichen Grundinteresses ragen insgesamt fünf größere „Interessenwellen“ heraus. Alle – bis auf den letzten – sind Anfang Februar zu beobachten. Ende Januar war bisher immer das Landesauswahlturnier, welches im Nachgang anscheinend zu einer größeren Aufmerksamkeit führte. Im Kontrast zum Landesauswahleffekt Anfang 2016 (eventuell auch in Verbindung mit der Bekanntgabe der Gründung einer Nationalmannschaft), waren die Anfragen zum Länderspiel gerade einmal 25% höher. Ein Hinweis, das vor allem bereits im Futsal involvierte „Fans“ durch das Länderspiel erreicht wurden. Weiterhin fällt auf, dass im allgemeinem Interesse kein ansteigender Trend zu erkennen ist und seit 2011 annährend konstant geblieben ist.
Um den Effekt des Länderspiels genauer zu untersuchen, zeigt Abbildung 2 die Google-Anfragen der letzten 3 Monate. Deutlich ist zu sehen, dass sich das Interesse an Futsal sehr schnell nach dem Länderspiel auf das vorherige Niveau zurück entwickelt hat. Das inszenierte Showevent hatte daher nur einen sehr kurzfristigen Einfluss auf das Futsalinteresse in Deutschland.
Entwicklung der Wikipedia-Suchanfragen
Unabhängig vom herausragendem „Peak“ im November 2016, ist das Bild der Wikipedia-Anfragen nahezu deckungsgleich mit den Google-Anfragen (Abbildung 3). Auch hier ist im Februar der Effekt des Landesauswahlturniers bzw. der Ankündigung einer Nationalmannschaft deutlich sichtbar. Was jedoch sehr unterschiedlich zum Verlauf der Google-Anfragen heraussticht, ist der enorme Effekt des Länderspiels. Am Spieltag besuchten 25.000 Leute die deutsche Wikipedia-Seite. Dass dieser Wert sensationell ist, zeigt Abbildung 4 eindrucksvoll: im Spitzenwert ist das Interesse an Futsal vergleichbar mit den Aufrufen nach „Thomas Müller“ (Grün). Generell schaffen nur sehr wenige Wikipedia-Seiten einen täglichen Aufruf von 5000 – das Event war dementsprechend sehr weitreichend in Deutschland. Es ist anzunehmen, dass doch einige noch nicht Futsalinteressierte erreicht wurden (wer sucht schon Futsal, wenn er schon im Futsal involviert ist). Leider zeigen die Wikipediadaten auch, dass nach dem Länderspiel (Abbildung 3) keine nachhaltigen Effekte bzw. nachhaltiges Interesse zu erkennen sind. Das Interesse ging schneller als es kam.
Zusammenfassung
Sehr hatten wir gehofft, dass ein offizielles Länderspiel und die deutschlandweite mediale Aufmerksamkeit einen „Futsal-Boom“ auslösen könnte. Jetzt wissen wir: kurzfristig ist der Effekt verpufft. Aber auch mit Blick auf langfristige Google-Anfragen ist kaum ein steigender Trend zu erkennen. Es ist daher festzustellen: ein Futsal-Boom in Deutschland ist bisher nicht zu identifizieren. Das Länderspiel war in der Reichweite jedoch wirklich überzeugend und kann – hoffentlich – langfristig mehr aktive Sportler und Zuschauer zum Futsal bringen.
Wir möchten gerne betonen, dass wir keine „Schwarzmaler“ sind. Wir finden jedoch, dass für die Initiierung bzw. Dynamisierung des Futsalwachstums erst einmal die aktuelle Situation realistisch verstanden werden muss. Es muss klar werden, dass Futsal weiterhin nur durch „harte“ und langfristige Arbeit an der Basis gefördert werden kann. Ein „Top-Down“ Effekt – also Wachstumsinduzierung durch ein Top-Event – scheint in Deutschland alleine nicht auszureichen. Es muss daher in den kommenden Wochen und Monaten am Erhalt existierender Teams und der Gründung neuer Teams gearbeitet werden, um Kapazitäten für neue Futsalspieler bereitzustellen (besonders Lösung der Hallenproblematik). Jedoch wird ein deutlicher Ansteig an Futsalclubs nicht mit den aktuellen – wenigen – Vollzeitstellen bei DFB und den Landesverbänden möglich sein. Der Traum vom „Futsal-Boom“ ist leider weiterhin ein Traum. Das Motto muss lauten: Arbeiten, Arbeiten, Arbeiten!
Sehe ich (Kreisjugendleiter beim WFV) auch so. „Wir“ an der Basis sind aber für jede Unterstützung dankbar.
Ich träume davon, dass im Winter jeder Verein der 1. Fußball-Bundesliga ein Futsal-Turnier spielen muss („darf“ 😊). Auch wenn das auch nur „Show“ ist, wäre die „Werbung“ für Futsal sicherlich groß.
[…] Besonders erfreulich war der Anstieg von Spielern aus aktiven Futsalvereinen (67%). Trotzdem haben auch dieses Jahr wieder Verbände mit reinen Fußballern teilgenommen. Obwohl gerade diese Teams mit jüngeren Perspektivspielern antraten, verliert sich die Teilnahme doch im „Nirgendwo“, da diese jungen Spieler – selbst wenn nach dem Länderpokal der Wunsch nach mehr Futsal entsteht – keine Vereine zur Ausübung der Sportart in der Nähe existieren. DFB und Landesverbände sind daher weiterhin aufgerufen, mehr Anreize für die Schaffung neuer Futsalvereine/Futsalteams zu tun. Auch hier könnte der Ländeprokal Ausgangpunkt von Anreizen sein, z.B. durch eine Mindestquote von gemeldeten Futsalspielern. So bekommen Verbände ohne aktuelle Ligen Anreize, in neue Strukturen zu investieren. Klar ist, dass etwas getan werden muss an der Basis, denn das Futsalwachstum in Deutschland kommt an seine Grenzen. […]
[…] Der deutsche Futsal wird reifer und systematischer. Einige Regionen haben in den vergangenen Jahren neue Ligen gestartet und somit neuen Teams eine Plattform geboten. Eine wichtige Plattform auf der breiten Ebene, um in der Spitze schlafgräftige Nachwuchsfutsaler zu entdecken und zu entwickeln. Der Schritt zur Nationalmannschaft war ein wichtiges Signal für den deutschen und den internationen Futsal. Trotz all der positiven Zeichen zeigten wir im letzten Jahr bereits in einem Bericht zur Futsalentwicklung, dass die Anzahl der Futsalclubs – entgegen der allgemeinen Wahrnehmung – ins Stocken gerät (zum Bericht). In einem weiterem Bericht beleuchteten wir die Signaleffekte des ersten Länderspiels und konnten nur einen kurzfristigen (dafür aber starken) „Ausbruch“ des Futsalinteresses in Deutschland finden (zum Bericht). […]