
Quo Vadis – Wo stehen wir und wohin führt das? Diese lateinische Phrase lässt sich aktuell auch gut in Bezug auf die Futsal-Bundesliga „in den Raum werfen“. Ausgangspunkt ist die Situation um COVID-19, welche nicht nur unser soziales Leben verändert, sondern auch die Dynamiken des Sportmarktes beeinflusst. Dass eine Futsal-Bundesliga durch einen Aufmerksamkeits-Boost für das deutsche Futsal-Wachstum wichtig ist, haben wir in unserem Entwicklungsbericht ausführlich erörtert. Grundsätzlich ist durch den DFB der Start der Bundesliga eigentlich klar in §49 der DFB-Futsal-Spielordnung geregelt:
„Der DFB unterhält ab der Saison 2021/2022 eine Futsal-Bundesliga“
&
„Die Futsal-Bundesliga spielt mit 10 Mannschaften“
Der aufgezeigte Paragraph regelt jedoch auch, dass die sportliche Qualifikation in der Saison 2020/2021 erfolgen muss. Ferner müssen die Lizenzunterlagen nach §53 am 1. April 2021 eingereicht werden. Und genau an dieser Stelle übernimmt das Corona-Virus leider aktuell die Kontrolle. Nach den staatlichen Vorgaben wird es vor Mitte April keinen Start des Kontaktsportes mehr geben. Nehmen wir mindestens vier notwendige Wochen ab Trainingsstart bevor ein Spielbetrieb wieder starten sollte, dann sind wir schon bei Ende Mai bzw. Anfang Juni. Am 30. Juni 2021 endet jedoch offiziell das Spieljahr. Eine „normale“ sportliche Qualifikation ist also rechnerisch nicht mehr möglich – auch eine Hinrunde nicht mehr. Aber nicht nur der Spielbetrieb ist durch die Pandemie-Maßnahmen gestört, sondern auch der allgemeine Sportmarkt: Sponsoreneinnahmen sinken, Zuschauereinnahmen sind unsicher, Kosten durch Selbsttestung steigen und erneute Lockdowns können ebenfalls nicht ausgeschlossen werden.
Unter derartigen Bedingungen darf sicherlich die Frage gestellt werden, ob die Futsal-Bundesliga verschoben werden sollte. In dieser zum Teil sehr emotionalen Diskussion sind viele Argumente contra aber auch viele Argumente pro denkbar. Um den Diskurs bezüglich dieser bedeutsamen Frage etwas Substanz zu verleihen, möchten wir nachfolgend verschiedene Argumente gegenüberstellen. Denn eines ist klar: ob ein Bundesligastart im Sommer 2021, im Winter 2021/22 oder im Sommer 2022 erfolgreicher für den Futsal in Deutschland ist, kann niemand ohne Evidenz vorhersagen und muss daher diskutiert werden. Im Folgenden werden mögliche Argumente für einen Start und für eine Verschiebung aufgezeigt, welche auf- und miteinander in Bezug betrachtet werden müssen:
1. Durch die Pandemie fehlen einigen Teams finanzielle Mittel durch Sponsoren. In einem Jahr könnte sich die Lage entspannt haben und Mehreinahmen für eine größere Stabilität der Bundesligisten führen.
Gegenargumente: Auf der anderen Seite hat man ggf. Sponsoren mit der Bundesliga bereits akquiriert, die an Glaubwürdigkeit gegenüber dem Sport verlieren und nächstes Jahr sich nicht mehr engagieren wollen. Außerdem gibt es auch Branchen die kaum/keine Verluste haben. Auch könnten 2022 die verfügbaren Gelder für Sponsoring noch geringer sein als in diesem Sommer
2. Durch die Pandemie fehlen den Bundesligisten Zuschauer, wodurch Einnahmen verloren gehen.
Gegenargumente: Es ist zunächst nicht sicher, dass wirklich ohne Zuschauer gespielt werden muss. Schnelltests und Impfungen machen Hoffnung, dass Zuschauer mit geeigneten Konzepten wieder in die Hallen dürfen. Auch ist nicht sicher, dass 2022 mehr Zuschauer zugelassen werden. Wenn der Futsal öffnet und Zuschauer zugelassen werden, dann hätte der Futsal gegenüber allen Amateur-Ligen eine Ausnahmestellung und der Zuschauerzuspruch könnte größer als in 2022 sein. Nur durch eine Futsal-Bundesliga kann es mit Sicherheit auch 2021/22 Futsal in Deutschland geben, da durch dieses „Spitzensport-Prädikat“ auch in einer anhaltenden Pandemie-Situation gespielt werden kann (siehe Podcast zur Bundesliga Österreich)
3. Durch die Pandemie fehlen Zuschauer, wodurch der regionale Aufmerksamkeits-Boost 2021 schwächer ist als ggf. 2022.
Gegenargumente: Gerade, weil der Futsal als einer der wenigen Sportarten sichtbar ist, wird es einen Boost geben. GGf. bleibt Futsal sonst unsichtbar.
4. Eine sportliche Qualifikation 2020/21 ist nicht mehr möglich.
Gegenargumente: Es ist nicht nachvollziehbar welche Vereine unabhängig von der Pandemie sich beworben hätten (mangelnde Evidenz). Aber interessante Vereine könnten Saison mit Hygienekonzepten zu Ende bringen. In der Regionalliga-Süd ist bereits die Möglichkeit geschaffen, dass nur die an der Bundesliga interressierten Vereine eine Sonderspielrunde gegeneinander ausspielen und bereits absolvierte Partien mitgenommen werden. Durch ein Mini-Turnier mit PCR und Schnelltest kann dann eine sichere „Turnier-Blase“ geschaffen werden, welche eine sportlich faire Qualifikation erforderlich machen. Außerdem ist nicht gesagt, dass 2022 eine bessere Qualifikation gespielt werden kann.
5. Die Corona-Präventionskosten sind ursprünglich nicht nur unerwartet, sondern 2021 auch noch zu hoch.
Gegenargumente: Aus den Erfahrungen des bisherigen Pandemie-Verlaufes ist anzunehmen, dass der starke Wettbewerb auf dem Medizinmarkt die Kosten für Schnelltests deutlich senken wird und zusätzlich auch neue innovative Verfahren (z. B. einfacher Atemtest) entwickelt werden. Es ist ferner nicht klar, ob die notwendigen Corona- Präventionskosten wirklich niedriger sein werden.
6. Durch die Corona-Pandemie sind mögliche Einnahmen aus der Zentralvermarktung gering.
Gegenargumente: Gerade wenn zahlreiche andere Sportarten nicht stattfinden, sind Sportarten mit Spitzensportligen noch präsenter, da die Steam-Nachfrage auf weniger Angebote verteilt wird. 2022 könnten wieder mehr Ligen streamen und so die Futsal-Bundesliga im Online-Angebot an Präsenz verlieren. Für mögliche Stream- und Liga-Sponsoren gibt es zudem aktuell weniger Alternativen als in einem Jahr. Es ist auch nicht sicher, dass 2022 mehr Einnahmen generiert werden könnten.
7. Das erste Bundesliga-Jahr muss ein Erfolg werden, was 2022 wahrscheinlicher ist.
Gegenargumente: Der Bundesliga-Start war und wird wahrscheinlich nie wieder mit so geringem Kostenaufwand möglich sein wie 2021. Die Pandemie ermöglicht einen „weichen Start“ für die Teams, indem im ersten Jahr geringere Erwartungen gestellt werden und ein langsames Wachsen ermöglicht wird. Es ist nicht sicher, dass die Bundesliga in 2022 wirklich erfolgreicher sein könnte. Wenn die Bundesliga 2021 nicht startet, werden zudem die aktuell für die Bundesliga vorbereiteten Vereine Einbußen haben und so der deutsche Futsal mit seinen Topteams weiter ins Wanken kommen. Somit würde der deutsche Futsal international weiter an Anschluss verlieren und auch die Bundesliga 2022 unter schlechteren „Sternen“ stehen. Das Risiko eines Einbruches des „professionellen Potentials“ des deutschen Futsals könnte bei „Nicht-Start 2021“ erhöht werden. Zudem haben die Vereine auch (internationale) Spieler mit dem Versprechen Bundesliga geholt. Ebenso beenden Spieler ihr Doppel-Spielrecht im Fußball und fokussieren sich auf den Futsal, was ebenso ein erheblicher Fortschritt sein wird. Eine Verschiebung wäre somit auch unabhängig vom emotionalen Wert für viele Spieler ein sportlicher Stillstand.
8. Der deutsche Futsal könnte durch das fehlende Spieljahr strukturell noch nicht bereit für die Futsal-Bundesliga sein und womöglich weniger als 10 Teams in der Bundesliga starten.
Gegenargumente: Wenn es 10 Mannschaften gibt, die trotz Corona die Futsal-Bundesliga ökonomisch gesund durchführen können, scheint die Corona-Krise das Projekt Bundesliga nicht außerordentlich stark zu gefährden. Die qualitativen Entwicklungen in der aktuellen Regionalliga-Saison zeigen, dass einige Vereine strukturell gut aufstellt sind und ausreichend Kapital vorhanden sein sollte. Durch eine noch längere Pandemie könnten die Futsal-Clubs 2022 sogar ohne Bundesliga strukturell noch schlechter dastehen als aktuell. Auch eine Bundesliga 2021 mit 6-9 Teams erscheint möglich, sofern wirklich weniger als 10 plausible Lizenzanträge eingereicht werden.
9. Der DFB wird auch nach einer Verlegung 2022 sicher die Bundesliga einführen.
Gegenargumente: Eine Verschiebung auf 2022 kann zur Versandung des Projekts „Futsal-Bundesliga“ führen, das zudem seit 2018 im Kern zur Vorbereitung bekannt ist. Zum einen würde eine einmalige Verschiebung einen Präzedenzfall schaffen und so die Hürde für eine weitere Verschiebung – oder sogar Eliminierung – deutlich senken. Zum anderen steigt die Unsicherheit bei den Clubs hinsichtlich der zukünftigen Versprechen, woraufhin Futsal-Clubs das Projekt Bundesliga für einige Jahre komplett aufgeben.
10. Die Corona-Pandemie hat kleinere Teams benachteiligt, welche 2022 besser aufgestellt sein könnten. → auch ein Jahr spätere wäre der Weg für „kleinere Teams“ frei (wie auch immer das definiert ist). Außerdem war eine Vorbereitung seit 2018 möglich.
Gegenargumente: Zunächst ist auch 2022 der Weg für „kleinere Teams“ frei. Außerdem war eine Vorbereitung seit 2018 möglich. Weiterhin könnte der aktuelle Verlust an kleineren Teams/Anhänger (siehe Futsal-Entwicklungsbericht 2021) durch einen „Bundesliga-Aufmerksamkeits-Boom“ aufgefangen werden.
Fazit und Anpassungsideen
Mit Blick auf die aufgeführten Argumente wird klar, dass die Unsicherheit über die Entwicklung der Corona-Pandemie keine sichere Aussage zulassen. So ist es jedem am Ende jedem individuell überlassen zu entscheiden, welche Richtung überwiegt. Es bleibt also unabhängig vom Startpunkt eine Entscheidung unter Untersicherheit und somit eine mutige Entscheidung. Wir sehen an dieser Stelle besonders ein Argument überzeugend: wenn wir nicht sicher sagen können, dass die finanzielle und strukturelle Situation 2022 besser ist, dann sollten wir trotz zahlreicher Verschiebungsargumente das Risiko in diesem Jahr eingehen, da einfach zu viele Futsal-Enthusiasten in Deutschland auf die Bundesliga hingearbeitet haben und nun endlich entlohnt werden sollten. Was zu überlegen ist, sind mögliche Anpassungen, um eine Liga 2021 stabiler zu machen. So könnte überlegt werden, im ersten Bundesligajahr keine Absteiger festzulegen, um ein ruinöses Rattenrennen zu vermeiden und so den „Druck aus dem System“ zu nehmen (und so auch deutschen Talenten mehr Raum zur Entwicklung zu geben). Gleichzeitig könnten zwei bis vier sichere Aufsteiger zur Saison 2022 ernannt werden, um den strukturell noch nicht so gut aufgebauten Teams dann eine größere Wahrscheinlichkeit zur Qualifikation einzuräumen. Daher sind wir an dieser Stelle #ProFutsalBundesliga2021 mit Anpassungen.