Die Hamburg Panthers haben Geschichte geschrieben. Als erstes deutsches Team ziehen sie in die Eliterunde des UEFA Futsal Cups ein. Damit ist ein Meilenstein erreicht. Denn mit diesen Achtungserfolg wurde Deutschland auch in Futsaleuropa auf die Landkarte gesetzt. Wir haben uns an den Ur-Pa nther Onur Ulusoy gewendet, um alles zu diesem außerordentlichen Erfolg zu erfahren. Was er uns erzählt hat, könnt ihr hier lesen. Viel Spaß!
Mister Futsal: Hallo Onur, vielen Dank, dass du Dir nach diesen grandiosen Erfolgen die Zeit für ein kurzes Interview mit uns nimmst. Da wir direkt beim Thema sind, dürfen wir den Hamburg Panthers zu einer historischen Leistung gratulieren: Ihr seid als erstes deutsches Team in die Eliterunde des UEFA Futsal Cup eingezogen. Ab wann hast du geglaubt, dass dieser Erfolg möglich wäre?
Onur Ulusoy: Vielen Dank an das Mister Futsal-Team erst mal. Es ist natürlich ein grandioser Erfolg und zwar nicht nur für uns, sondern für die gesamte deutsche Futsalszene. Uns war von vorne herein klar, dass wir die Außenseiter in der Gruppe waren. Allerdings wurde uns nach dem ersten Spiel bewusst, dass hier mehr möglich war. Nicht nur, weil wir gewonnen hatten, sondern die Art und Weise wie wir gespielt haben war großartig. Es ist immer schwierig einzuschätzen, wie die Gegner spielen und wie stark sie sind, da wir in Deutschland kaum Spiele auf hohem Niveau haben.
MF: Erzähl uns ein bisschen mehr über den UEFA Futsal Cup. Es ist nicht eure erste Teilnahme. Wie war für euch der bisherige Turnierverlauf. Der Modus ist ja etwas komplizierter als bei der UEFA Champions League im Fußball.
OU: Wir sind dieses Jahr an 26. Stelle der UEFA-Rangliste gewesen und mussten also in der Vorrunde beginnen. Wir hatten eine relativ starke Gruppe erwischt, in der wir uns zum Glück souverän durchsetzen konnten. Einzig gegen die Norweger mussten wir trotz überlegenem Spiels Punkte liegen lassen. In der Vorrunde hast du zudem die Schwierigkeit, dass nur ein Team weiterkommt. In der Hauptrunde kommen zum Glück zwei Teams. Dort konnten wir uns wie in der aller letzten Sekunde auch retten.
MF: Wie waren die Spiele in der Hauptrunde? Wie groß ist der Unterschied von der internationalen Bühne zu unserem Niveau hier in Deutschland.
OU: Um in der Hauptrunde bestehen zu können, musst du mannschaftstaktisch auf einem hohen Level spielen. Kleine Stellungsfehler und Unachtsamkeiten werden sofort bestraft. Zudem kommt das schnelle Tempo hinzu. Viele Bewegungen, Pässe oder Laufwege werden einfach viel schneller ausgeführt als zum Beispiel in Deutschland. Bewegungsmechanismen und -abläufe sind so oft bei den Gegnern trainiert worden, dass diese perfekt sitzen und man so Schwierigkeiten bekommt, hinterher zu kommen. Zum Glück haben wir in vielen Bereichen aufgeholt und konnten daher gut mithalten.
MF: Aus deiner Sicht: Erzähl uns nochmal die letzten Sekunden gegen Göteborg und deinem historischen Treffer, der europaweit für Aufsehen gesorgt hat.
OU: Kurz vorher hatte ich auf die Uhr geguckt und sah, dass noch wenige Sekunden auf der Uhr waren. Mir sind tausend Dinge durch den Kopf gegangen. Ich hatte eigentlich schon halb abgeschlossen und dann ging der Ball in der aller letzten Sekunde rein. Dieser Moment des Glücks und der Befriedung ist unbeschreiblich. Ich glaube, dass mir nichts anderes mehr diese Freude bescheren kann. Es ist und wird, so glaube ich, der emotionalste Moment in meinem Leben bleiben. Im Nachhinein habe ich die Bilder gesehen und die Freude meiner Jungs. Sowas schweißt ein Team noch mehr zusammen.
MF: Wie geht es nun international weiter? Eure nächsten Gegner in der Eliterunde sind Ugra Yugorsk (Anm.d.R.Titelverteidiger), Araz Naxçıvan und dem Gastgeber Nacional Zagreb.
OU: Wir haben natürlich keine großen Erwartungen. Wir wollen die Eliterunde genießen und viele Erkenntnisse für uns ziehen. Ich glaube dort werden wir genauer sehen können, was uns fehlt und woran wir arbeiten müssen. Wir wollen nicht das letzte Mal in den Geschichtsbüchern stehen. Was gibt es schöneres als gegen Eder Lima und Robinho zu spielen. Erst genannter ist sogar mein direkter Gegenspieler.
MF: Lass uns ebenfalls etwas über den finanziellen und politischen Rahmen dieser Veranstaltung sprechen. Erhaltet ihr Unterstützung zur Finanzierung der Reisen?
OU: Es werden nur die Reisekosten übernommen. Eine Prämie oder ähnliches gibt es nicht vom DFB. Wir sind eben noch ein Amateurverein. Wir würden uns auch lieber viel besser vorbereiten, allerdings fehlen uns die Mittel und die Unterstützung. Bei so einer Reise kommen immer unerwartete Kosten auf einen zu. Aufgrund der fehlenden Ligastruktur ist es auch schwierig größere Sponsoren zu finden. Wir fühlen uns etwas im Stich gelassen, nicht nur vom DFB, sondern auch von der Stadt Hamburg. Wir müssen immer noch um Hallenzeiten betteln. Man muss sich das mal Vorstellen: Du bist der erfolgreichste Verein in deiner Stadt vor dem HSV und St.Pauli und kriegst nur zwei Hallenzeiten zum trainieren.
MF: Welche Auswirkung hat dieser Erfolg auf den Futsal in Deutschland?
OU: Ich glaube, wir haben der deutschen Futsalszene und vor allem dem DFB gezeigt, wie viel Potential in Deutschland steckt. Man muss dieses Potential nur zu nutzen wissen und das hat man bis heute nicht wirklich getan. Anders gesagt; wenn wir es mit unseren Mitteln und Strukturen bis unter die besten 16 in Europa schaffen, dann möchte ich nicht wissen, was wir noch erreichen könnten, wenn wir mit gleichen Bedingungen kämpfen.
MF: Was brauchen wir in Deutschland, um noch mehr Mannschaften wie Panthers hervorzubringen?
OU: Eine ganz große Portion Leidenschaft für diesen Sport. Zudem achten wir darauf, dass wir gute Charaktere im Team haben. Wir mussten uns schon von einigen Spielern trennen, die sich wichtiger waren als die Mannschaft. Keiner spielt bei uns um aufzufallen, das ist ein ganz wichtiger Punkt. Sollte dies trotzdem der Fall sein, dann zeige ich ihm seine Grenzen auf. Außerdem denke ich, dass wir eine gute Hierarchie im Team haben und jedem seine Aufgabe bewusst ist. Abgesehen von den Werten und Prinzipien, auf die wir achten, sind wir ein Team, das wissbegierig ist. Wir saugen alles wie ein Schwamm auf und hören nicht auf zu lernen. Wir wissen, was wir gut können, aber vor allem, was wir nicht gut können und daran arbeiten wir permanent. Hinzu kommt unser krankhafter Ehrgeiz unbedingt gewinnen zu wollen. Man sieht uns nicht gerne Siegen, weil wir anders sind als die bisherigen Teams im deutschen Raum. Genau das spornt uns noch mehr an. Verlieren kommt für uns nicht in Frage.
MF: Hamburg wird in diesem Monat nochmal die Aufmerksamkeit Futsaldeutschlands auf sich nehmen. Am 30.10 debütiert die deutsche Futsalnationalmannschaft. Du hast mit der Türkei nun einige Länderspiele hinter dir. Bei der DFB-Fünf spielen einige deiner Mitspieler. Was denkst du über das Debüt?
OU: Ich freue mich natürlich sehr für meine Jungs. Wir haben solange gearbeitet und es gibt keine schönere Anerkennung, als im Nationaldress aufzulaufen. Ich bin zwar froh, dass wir endlich eine Nationalmannschaft haben, ich denke allerdings, dass dies nicht der beste Kader ist, beziehungsweise nicht der, der am besten harmoniert. Das ist allerdings den unerfahrenen Trainern zu verschulden die wir momentan haben. In vielen anderen Ländern wird versucht, möglichst mit einem Block zu spielen, der auch in ihren jeweiligen Vereinsmannschaften zusammen spielt. Das hat den Vorteil, dass die Jungs Ihre Laufwege, Einkicks und Eckballvarianten kennen. Man hat ohnehin vor den Länderspielen wenig Zeit zu trainieren und dann alle Varianten etc rein zu bekommen mit Spielern in Deutschland, die ohnehin kein großes taktisches Verständnis mitbringen, wird es schwierig. Du hast nun eine Mannschaft, die international mit den großen mithält und bist zu stolz oder aus welchen Gründen auch immer, dich an diesen Spielern zu bedienen. Für mich ist es fahrlässig und nicht verständlich. Bis vor kurzem war ein Saboor Khalili und Yalcin Ceylani noch nicht mal berücksichtigt worden. Beide sind Säulen der Panthers und zeigen über Jahre neben vielen anderen Spielern konstant gute Leistungen. Ich möchte es nicht nur auf die Panthers beziehen. Aber zumindest ein Spielerblock hätte man so auswählen sollen. Es gibt noch andere Teams, die zumindest einen starken Block haben wie Schwerte, Sennestadt oder Liria.
MF: Was würdest du ändern, wenn du könntest?
OU: Ich wünsche mir einfach einen spanischen Futsaltrainer, der die deutsche Nationalmannschaft vorrübergehend betreut. Solange, bis wir selber Trainer ausbilden und Erfahrung sammeln. Wir dürfen uns da nicht zu schade sein, uns Hilfe aus anderen Ländern zu holen. Futsal ist nicht gleich Fußball und das müssen die Entscheidungsträger beim DFB verstehen. Du kannst keinen Fußballtrainer hinstellen und von ihm erwarten, dass er dann Futsal beibringen, geschweige denn verstehen soll. Das ist ein anderes paar Schuhe. Um Futsal richtig verstehen zu können, muss man auch Futsal auf hohem Niveau gespielt haben. Das ist wichtig, um auch einfach die Bewegungen, Techniken und Taktiken. besser nachvollziehen und glaubwürdig wiedergeben zu können. Jemand der behauptet, dass Fußballprofis in der Halle eine Chance gegen uns hätten, der hat nicht verstanden, was Futsal ist. Zumindest ist der erste Schritt getan und ich hoffe dass die nächsten Schritte überlegter und dennoch schneller passieren. Wir haben genug Zeit verloren.
MF: Abschließend ein Tipp für euren Platz in der Eliterunde und dem Debüt der DFB-Fünf?
OU: Wie schon erwähnt kämpfen wir mit ungleichen Mitteln in der Eliterunde. Ich habe keine Erwartungen, wie denn auch. Wir spielen gegen Vollprofis die 1-2-mal am Tag trainieren und keinen Alltagsstress haben.
Unserer DFB Auswahl traue ich einen Sieg zu, allerdings wenn man die richtigen Spieler einsetzt in der richtigen Kombination. Es hängt sehr viel daran ab, was die Trainer machen und ob man gut beobachtet und daraufhin richtig handelt. Dennoch hoffe und glaube ich, dass wir gewinnen werden. Mein Tipp im ersten Spiel 4:3 für Deutschland und im zweiten ein 5:2 für uns.
Viele wahre Worte!!!
was soll denn der Mist hier? bitte löschen!
Ist gelöscht. Danke für den Hinweis!
Sehr schönes Interview von Onur Ulusoy, der nicht nur ein klasse Futsaler, sondern auch ein sehr feiner Mensch ist. Er spricht die Dinge an, wie sie sind ohne Rücksicht auf Machtspielchen oder etwaige Konsequenzen. Es sind so viele zentrale Problembereiche des Futsals in Deutschland in diesem Artikel getroffen… Daher ist das Gefragte und Gesagte wirklich von unfassbarem Mehrwert für die Futsal-Community!