Das Einmaleins im Futsal – Offensivtaktische Aspekte

Was definiert eigentlich den Futsal? Und was bedeutet dies tatsächlich für den typischen Futsalsspieler? Oft werden diese grundlegenden Fragen mit dem allbekannten Regelkatalog und den damit offensichtlichen Unterschieden zum Feld- und Hallenfußball beantwortet: Kleinerer Ball, keine Banden & fliegender Wechsel (oftmals auch das „Grätschverbot“, dem wir hiermit nochmal mit Nachdruck widersprechen möchten).

futsalregelnWir wollen diese Angelegenheit aus einer anderen Sicht betrachten: Was sind die Grundlagen, die jeder Futsaler auf dem Feld immer beachten sollte? Welche taktischen Grundüberlegungen sind im modernen Futsal vorausgesetzt und wie äußern sich diese im Spielgeschehen? Gibt es eine Basis, die gerade Futsalern eine Unterstützung bietet? Wenn man sich im Internet und südeuropäischen Raum umhört, gibt es einige solcher Grundregeln. Wir wollen diese Grundlagen, „das Einmaleins im Futsal“ nennen und unterscheiden genauer in offensive und defensive Aspekte.

Wir wollen uns erst den offensiven Aspekten des Einmaleins widmen. Ein gutes Duzend haben wir festgehalten:

  • Die besondere 3-Sekunden-Regel: Vier Sekunden sind bei Standards durch den Unparteilichen vorgegeben. Während des Spiels sollten die Spieler eher auf drei Sekunden achten. Dies ist die Zeit, die ein Spieler auf dem Feld höchstens auf einer Position verbleiben sollte, wenn er keinen Ball am Fuß hat. Die Bewegung der Mitspieler ohne Ball ist für das Spiel elementar. Ohne Bewegung sind dem ballführenden Mann kaum Entscheidungsmöglichkeiten gegeben, da die Abwehr keine Schwierigkeiten beim Stellungsspiel erhält. Nur dann können Lücken aufgerissen und Passwege geöffnet werden, die der ballführende Mitspieler nutzen kann. Ergo: Mehr als drei Sekunden sollte sich kein Spieler auf einer Stelle befinden.
  • Spielen & gehen: Das Mantra jedes Futsalspieler schließt quasi direkt an die „besondere 3-Sekunden-Regel“ an. Die Idee ist es, die gegnerische Deckung durch ein bewegliches Passspiel zu durchbrechen und den Mitspieler in eine Abschluss- oder Dribblingsituation für den Abschluss zu bringen. Je weniger Ballkontakte ein Spieler benötigt, desto besser ist der Spielrythmus des Teams. Die Bewegung des passspielenden Spielers führt automatisch dazu, dass niemand zu lange auf einer Position verweilt. Dadurch wird der Zugriff der Defensive auf die Angreifer extrem erschwert.
  • Geduld beim Aufbauspiel: Beim strukturierten oder auch statischen Aufbauspiel ist das vorrangige Ziel, Lücken in den gegnerischen Abwehrverbund zu reißen. Dies geht im Normalfall nicht mit einem Pass, selbst wenn viel Bewegung im Spiel ist. Als Richtwert werden deshalb oft fünf Pässe genommen, die gespielt werden sollten, bevor eine abschlussgerichtete Aktion stattfindet. Dies braucht Geduld, eine schnelle Ballzirkulation sowie den Überblick, um den richtigen Moment für den tödlichen Angriff zu erkennen.
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    Absolute breite, in jeder Szene. Hier aus einem Spiel in Spanien zwischen Inter und Barcelona

    Den Raum größtmöglich öffnen: Das Feld muss so weit wie möglich geöffnet werden, um die engen Reihen des Gegners auseinanderzuziehen. Viel Bewegung auf engem Raum ist oft eher Kontraproduktiv. Deshalb gilt als Richtwert: Die Ala´s spielen mit einem Fuß auf den jeweiligen Außenlinien. Gerade bei den Profis ist diese Grundregel sehr einfach und schnell zu erkennen. Je enger das Spiel in der Offensive, desto einfacher ist der Zugriff in der Defensive, da mehr Verteidiger in Ballnähe positioniert werden können.

  • Mit Ball zum, ohne Ball weg vom Gegner: Für den ballführenden Spieler selbst gibt es zwei Aspekte (im strukturierten Aufbau ohne Abschlusssituation). Einerseits treibt er den Ball in erster Linie nach vorne. Dabei sollte er versuchen, die Initiative gegenüber seinem Verteidiger zu behalten. Alle anderen Spieler entfernen sich von ihren Verteidigern, um Räume zu schaffen und Passlinien zu öffnen. Dabei gilt für die Mitspieler: Niemals weder den Ball aus dem Auge, noch den Blick des ballführenden Mitspielers verlieren. Bei der geringen Anzahl an Anspielstationen darf sich kein Mitspieler verstecken und somit aus dem Spiel ziehen. Dabei ist zu beachten: Bewegungen, die der Mitspieler nicht sieht, sind wirkungslos.
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    Größeres Tor durch zweiten Pfosten.

    Der zweite Pfosten: Das Spiel gewinnt immer das Team, dass die meisten Tore erzielt, nicht der Spieler, der die meisten Tore schießt („Großvater sagte dies“). Sicherlich ist diese Aussage so angestaubt, dass das Phrasenschwein im Hintergrund schon klingelt. Wichtig ist jedoch das Verständnis, dass die Großzügigkeit über den zweiten Pfosten beim Futsal durch die kleinen Tore genauso wichtig ist, wie das Endergebnis selbst. Das Handballtor ist klein und die Räume  eng, so dass ein Offensivspiel ohne die Besetzung des zweiten Pfosten langfristig kaum von Erfolg geprägt sein kann. Die Idee ist hier, die Torfläche künstlich zu vergrößern, so dass der Torwart nicht eingreifen kann (siehe Bild aus dem WM-Halbfinale zwischen Argentinien und Portugal). Dies verlangt jedoch, dass der abschließende Spieler diese Chance aktiv sucht und der Spieler, der den zweiten Pfosten besetzt, eine hohe Frustrationstoleranz besitzt. Denn: Von sieben Abschlüssen kommen vielleicht zwei auf den zweiten Pfosten. Bei anderen fünf muss der Weg für das potentielle Tor trotzdem gegangen werden. Wer den Fuß dann reinhält, ist irrelevant. Großvater hat also doch immer recht.

  • Futsal ist ein Spiel für kluge Köpfe: Finten, Auftaktbewegungen, Körpertäuschungen etc. Futsal ist ein Spiel für intelligente Spieler, die jeden Vorteil nutzen. Räume deuten, die richtigen Entscheidungen treffen und dies in hohem Tempo. Wer schnell im Kopf ist, kann körperliche Defizite wett machen. (Dazu zählt gerade der Aspekt des zweiten Pfostens; den Ball von dort aus in das Tor zu bringen, ist einfach. Dort überhaupt erst zu stehen, schwierig.) Das zaubert Wort hier: Entscheidungsmechanismen.
  • Feste und ordentliche Pässe: Kein Kommentar.
  • Der Torwart als erster Angreifer: Als Torwart muss man das Spiel lesen können. Und zwar nicht nur in der Defensive, sondern gerade beim Futsal in der Offensive. Ein Abwurf kann ein ganzes Spiel entscheiden. Die Entscheidung zwischen einem schnellen Abwurf oder einem kontrollieren Spielaufbau kann über Sieg oder Niederlage bestimmen. Was benötigt mein Team? Ruhe? Einen schnellen Konter? Die Qual der Wahl.
  • Dribblingverbot für den Fixo: Das Dribbling sollte vorrangig als letzte Instanz für den Abschluss genutzt werden. Die Bewegung auf dem Feld ohne Ball sorgt für Räume und Chancen. Ein Dribbling an der falschen Stelle, nämlich zentral als Aufbauspieler, kann schnell zu einer gegnerischen Torchance führen. Und ja, folgende Frage wird für mutige Fixos vom Trainer dann sowieso kommen: Warum!?
  • Fest Abschlüsse: Angriffe sollten immer mit einem entschlossenen Schuss abgeschlossen werden, so dass der Torhüter diesen mindestens nicht festhalten kann. Andererseits droht ein Konter durch einen direkten Abwurf des Torhüters.
  • 10 Meter = Torabschluss: Spätestens zehn Meter vor dem gegnerischen Tor sollte der Abschluss gesucht werden. Dies hat mehrere Gründe. Die zehn Meter sind von der Distanz her optimal, um einen ordentlichen Schuss zu platzieren, der nicht so nah am gegnerischen Tor stattfindet, so dass kaum Platz für die Abschlussbewegung selbst vorhanden ist. Aus dieser Distanz besteht für die Mitspieler ebenfalls die optimale Chance, den zweiten Pfosten zu besetzen und ihre Position notfalls zu korrigieren. Je näher man dem gegnerischen Tor kommt, desto kleiner wird der freie Winkel zum Abschluss gegenüber dem Torwart. Die Chancen für den Angreifer im reinen 1gg1 gegen den Torhüter sind im Futsal sehr gering. Des Weiteren führt ein „Nicht-Abschluss“ meistens nur zur Verengung der Situation. Sollte der Angriff nicht schnell abgeschloßen und gerade im Konter aus dieser Distanz gezögert werden, ermöglicht dies der Abwehr, sich zu organisieren und das damit mehr Spieler zwischen Ball und Tor zu bringen. Ein Abschluss wird dadurch kaum mehr möglich.

Was meint Ihr? Verfolgt ihre andere Regeln? Gebt ihr euren Spielern weitere Basics mit? Schreibt es in den Kommentaren.

ein Kommentar

  1. Wieder mal ein Artikel mit unfassbarem Mehrwert!
    Komisch wie viele Punkte ich davon immer wieder anspreche, die aber nicht beachtet werden.
    Aber danke auch für kleine Anregungen, die ich für natürlich erachtet habe, aber jedem aus der Truppe im Kopf weiter bringen.

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