Futsal-Sonderstartrecht für professionelle Fußballclubs?

Das zweite Ländervergleichsturnier in Duisburg startet am 22.01.2015. Voller Enthusiasmus verließen viele Aktive und Funktionäre das letztjährige Turnier. Mit Rückblick auf das vergangene Jahr lassen sich tatsächlich ein paar Lichtblicke sichten, aber genauso gut lässt sich für eine Stagnation argumentieren. Obwohl mit der Regionalliga Bayern und zusätzlichen Teams in Westfalen neue Strukturen geschaffen werden konnten, sind nahezu die gleichen Landstriche wie vergangenes Jahr Futsal-Frei. Obendrein stellt sich aufgrund der großen Stärkeungleichheit in der Regionalliga Nord-Ost zurzeit die Frage der Nachhaltigkeit der Liga.

Um dem Futsal-Sport im nächsten Jahr vielleicht an der einen oder anderen Stelle neue Impulse zu verschaffen, möchte ich im Folgenden einen alternativen (und vermeintlich zunächst befremdlichen) Gedanken vorstellen. Ausgehend vom Grundproblem des weiterhin niedrigen Zuschauer, Spieler- und somit Sponsoreninteresses sowie schwacher Finanzierung und der stellenweisen Überforderung mit den eigenen Vereinsstrukturen haben sich einige Mannschaften im vergangenen Jahr vom Spielbetrieb abgemeldet. Ursächlich für alle Probleme ist – neben der Neuartigkeit des Sports – vor allem die Unbekanntheit der Futsal-Vereine. Etablierte Sportvereine profitieren in der Regel von der eigenen, langjährigen Tradition: Der Sohn spielt dort wo der Vater und der Großvater gespielt hat bzw. jeder Spieler ist eher gewillt sein Talent bei einem namenhaften Verein einzubringen als bei einem unbedeutendem Provinzclub.

Da Futsal eine Unterdisziplin des Großfeldfußballs dargestellt, ist anzunehmen, dass große und finanzstarke (im Verhältnis zu den Budgets im Futsal darf wohl nahezu jeder Fußballclub ab Kreisliga als finanzstark eingeschätzt werden) Fußballvereine mit professionellen Teams (Regionalliga und höher) größeres Medien- und Zuschauerinteresse wecken dürften (z.B. HSV Futsal vs. St. Pauli Futsal). Zudem bieten große Vereine vorgegebene Strukturen, weshalb wir bereits vor einiger Zeit zu dem Ergebnis kamen, dass eine Abteilungsgründung in einem bestehenden Verein einer Vereinsgründung vorzuziehen ist (https://misterfutsal.de/2014/01/19/neugrundung-vs-abteilungsgrundung-im-futsal/).

Bisher finden sich mit dem HSV, Alemannia Aachen, Bonner SC, St. Pauli, Hertha BSC, Bayer Uerdingen, Croatia Berlin, Sportfreunde Siegen und Darmstadt 98 nur neun namenhafte Fußballvereine mit separaten Futsal-Abteilungen. Holzpfosten Schwerte zählt weiterhin zu den Vereinen mit der größten Fan-Aufmerksamkeit, wobei diese größtenteils auch aus der Fußballabteilung hervorging. Reine Futsal-Vereine oder kleinere Clubs mit Futsal-Abteilungen zählen kaum mehr als 50 Zuschauer bei Heimspielen. Daher ist festzuhalten: der Futsal in Deutschland würde von einem Engagement großer Vereine wie Bayern München, Dortmund oder VfB Stuttgart profitieren. Nicht nur, weil diese größere mediale Aufmerksamkeit garantieren, sondern weil dieses einen „Sogeffekt“ hervorrufen könnten. Je mehr namenhafte Vereine involviert sind, desto eher werden auch noch nicht involvierte Vereine über die Gründung nachdenken. Am Ende wäre die Finanzkraft des Gesamtsystems durch direkte Investitionen der großen Vereine und indirekt über größere Sponsorenzuwendungen zu erwarten. Außerdem wäre dann der Sprung von Jugendfußballern aus den großen Fußballakademien in den Futsal-Sport ohne Vereinswechsel möglich (soweit es mit der Fußballkarriere nicht klappt).

Es besteht nun die Frage, wie derartige Vereine von einem Engagement im Futsal überzeugt werden könnten. Neben Überzeugungsarbeit durch die Verbände, besteht eine Möglichkeit in der Vermeidung von Eintrittsbarrieren. Bisher gibt es in den Verbänden Westfalen, Niederrhein, Mittelrhein, Hamburg und Berlin mehrstufige Ligasysteme. Gerade in diesen Verbänden sind auch die meisten großen Fußballclubs situiert. Ein Grund für die Zurückhaltung größerer Vereine könnte daher der Einstieg auf unterer Ebene sein – der Anreiz für professionelle Fußballteams in einer Liga gegen unbekannte Gegner anzutreten ist zu klein. In Verbänden mit 3-stufigem System müsste der Verein 2 Jahre ausharren, um in die oberen Stufen einzusteigen. Mein Gedanke den ich daher an dieser Stelle teile möchte, ist die Einführung einer Option in Form eines Sonderstartrechts in der obersten Verbandsebene zum jeweiligen Saisonstart. Diese Einführung müsste jedoch auch durch verschiedene Strukturen flankiert werden. Zum einen dürften andere Spielrechte nicht verwässern. Im Jahr des Quereinstiegs darf es nicht mehr Absteiger als ohne den Eintritt des Sonderteams geben (im Jahr darauf könnten dann entsprechen viele Teams absteigen). Zweitens, kann jeder Traditionsclub nur einmal von diesem Recht Gebrauch machen. Weiterhin müsste diese Option durch DFB und Landesverbände gut kommuniziert werden, damit die entsprechenden Vereine auch informiert und überzeugt werden. Es ist dabei sogar an eine einmalige Aktion mit einer großangelegten Medienkampagne zu denken (z.B. „Fußball joins Futsal“). Letzter – und sicherlich kritischster Punkt – liegt in der Definition von „großem Club“. Da besonders finanzstarke Vereine angesprochen werden sollen, wäre die Festlegung auf Fußballteams mit einer Mannschaft zum Zeitpunkt der Optionsnutzung im professionellen Bereich (Regionalliga oder 3. Liga und höher) eine Möglichkeit. Es könnten jedoch auch/und eine mitgliederbasierte Quote gelten.

Bestehende Vereine werden im ersten Moment dem Vorschlag sicherlich kritisch entgegentreten: „Warum soll ein Team aus dem Nichts auf oberster Ebene spielen, wo wir seit 5 Jahren hart am Aufstieg arbeiten?“. Dieses Argument ist gerechtfertigt, jedoch müssen wir für eine nachhaltige Entwicklung unserer Disziplin die allgemeine Entwicklung den individuellen Entwicklungen überordnen. Eine stabilere und medial verbesserte Situation kommt langfristig auch den „benachteiligten“ Clubs zu gute. Ferner besteht die Gefahr, dass ein großer Club bestimmte Vereine „ausblutet“. Daher sollte eine Wechselquote gelten (z.B. max. 2 Spieler von einem Verein). Ein weiteres Argument für die Optionseröffnung sind negative Konsequenzen ohne Sonderrechte. Möchte ein Verein nach aktuellem Modell gerne oben einsteigen, könnte er sich die Spielrechte durch Fusion einholen (z.B. RB Leipzig) und andere Vereine abschröpfen. Dies würde zwar einen großen Fußballverein in den Futsalsport locken, dafür aber einen anderen Verein opfern – direkt würde die Anzahl der Club also gleichbleiben.

Obwohl der Gedanke eines Sonderspielrechts sicherlich befremdlich wirkt, bin ich der Meinung, dass der Futsal besondere Aktionen und Strukturen benötigt, um neue Spieler und Unterstützer zu gewinnen. Die oben ausgeführte Idee ist natürlich nur der Grundstein einer Diskussion zum Thema und soll Verbandsfunktionäre und Vereinsführungen alternative Wege für den Futsal-Sport eröffnen. Nun zu Euch, was haltet Ihr von der Idee? Welche Anpassungen wären möglich bzw. welche weiteren Gefahren sind zu sehen?

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