MF/FE. Die UEFA Futsal EURO 2014 hat seinen Sieger. Italien gewinnt zum zweiten Mal die Europameisterschaft. Mit 3:1 setzten sich die Italiener verdient im Finale gegen Russland durch, die ihren Turnierhöhepunkt scheinbar schon gegen Spanien im Halbfinale hatten. Doch die EM hatte mehr als nur ein spannendes Finale zu bieten. Das Niveau aller Partien war hervorragend. Spieler und Mannschaften enttäuschten keinen einzigen der 89.240 Zuschauer, die ihren Weg in die beiden Hallen fanden. Es waren zwei fantastische Wochen für den europäischen Futsal.
Natürlich stachen einige Spieler mit ihren Leistungen besonders heraus. Deshalb hat Mister Futsal versucht, die besten Spieler des Turniers in einer Topauswahl zusammenzubringen, um euch die Stars dieser Sportart noch näher zu bringen. Zwei Torhüter und zwölf Felspieler haben es in die Auswahl geschafft. Fehlt euch noch einer oder ist einer zu viel dabei? Schreibt uns eure Meinungen in den Kommentaren!
Mister Futsal – Team des Turniers
Torhüter: Mammarella (ITA), Gustavo (RUS)
Spieler (Fixo): Aicardo (ESP), Romano (ITA)
Spieler (Ala): Ricardinho (POR), Miguelin (ESP), Lima (ITA), Saad (ITA), Robinho (RUS), Abramov (RUS), Arnaldo (POR), Jelovcic (CRO)
Spieler (Pivot): Eder Lima (RUS), Fernandao (ESP)
Mammarella (ITA)
Wer in diese Augen blickte, sah den puren Siegeswillen! Wer live vor Ort war, konnte es sogar auf den Rängen spüren. Mamarella überzeugt nicht nur mit Paraden, sondern durch seine von ihm ausgehende Siegeskraft. Diesen Keeper möchte jeder hinter sich wissen. Bei seinen Aktionen hingegen, wirkte er sehr ruhig und reagierte jeden direkten Ball mit minimalen Aufwand ab – Futsaltorwartkunst in Perfektion. Alle Tore ab dem Viertelfinale wurden abgefälscht, lediglich Jelovcic gelang es, diesen italienischen Stier zu umkurven. Im 1gegen1 war Mamarella eine Wand. Seine größten Momente hatte er im Spiel gegen Azerbeijan und in den letzten drei Minuten des Finales gegen Russland. In einer derartigen Drucksituation solche Paraden zu zeigen ist weltklasse. Er war damit der vielleicht wichtigste Erfolgsgarant der Italiener. Was zudem auffiel, kein anderer Keeper konnte so viele Bälle fangen und somit direkte Abwürfe einleiten, welche er mit einer extrem hohen Geschwindigkeit und Präzision spielte. Andere können den Ball nicht einmal so hart schießen wie Mammarella wirft. Ganz klar die Nummer Eins zwischen den Pfosten bei der EM.
Gustavo (RUS)
Auch der „Benaglio des Futsals“ zeigte starke Leistungen und führte Russland zum sensationellen Sieg gegen Spanien. Jedoch kommt er nicht ganz an die Leistung von Mammarella heran. Bei diesen beiden Keepern treffen auch die beiden Torwartschulen im Futsal aufeinander. Mammarella mit seiner minimalistischen Spielweise und perfekten Beinarbeit (spanische Schule) gegen die Hechtsprünge von Gustavo (brasilianische Schule). Im Herauslaufen war Gustavo jedoch eine Wand. Ein Punkt für Gustavo: seine angedrehten Abwürfe. Man hätte glauben können, der Halbzeit-Balljongleur stünde da im Tor. Eine Augenweide.
Romano (ITA)
Sein Name war Programm und dürfte auch als Künstlername eine gute Figur machen. Romano, der Römer, eine Kämpfernatur wie sie im Buche steht. Der Italiener überzeugte im ganzen Turnier mit einer außerordentlichen Defensivarbeit. Kaum ein anderer Akteur hat in der Defensivbewegung so viel Dynamik versprüt wie die Nummer 4. Dabei dürfen wir uns keinen Brecher vorstellen, sondern einen extrem spielillegienten und technisch tollen Spieler, der die Bewegungen in der Abwehr im 1gegen1 perfektioniert hat. Sobald Romano für die Italiener auf den Platz stand, konnten die Gegner kaum einen sauberen Angriff einleiten. Seine Positionierung gegen den Ball und Gegner dürfte jedes Video schmücken. Eine wahre Bank als Spezialist und eine Säule des italienischen Erfolgs, der sich auch auf die defensive Stabilität Romanos und der Qualität Mammarellas im Tor begründet.
Aicardo (ESP)
Den Part des Defensivspezialisten bei den Spaniern übernahm überraschenderweise Aicardo, der trotz seiner 25 Jahre einen großen Teil der Verantwortung der spanischen Mannschaft übernehmen musste, nachdem sich der Kapitän Jordi Torras in der Gruppenphase schwer verletzte und auch Ortiz im wichtigen Halbfinalspiel gegen Russland gelbgesperrt fehlte. Und Aicardo überzeugte vollends. Schon im ersten Spiel der EM erzielte er das erste Tor für Spanien mit einem hervoragenden Fernschuß. Immer wieder sorgte das Leichtgewicht für die wichtige Stabilität im Spiel der Iberer. Sowohl in der Defensive, als auch in der Offensive war er für viele Impulse verantwortlich. Beeindruckend war auch seine Leistung im Halbfinale gegen Russland, bei der Aicardo sich mit den „Schwergewichten“ Eder Lima und Cirilo messen musste und diese vor allem in der ersten Halbzeit kein Land gegen ihn sahen. Neben Lin, Miguelin und Fernandao stellte er gefühlt die Top4 Spaniens, die auftrat, sobald das Ergebnis nicht stimmte. Auf Aicardo warten noch viele Europameisterschaften!
Jelovčić (CRO)
Der jüngste im „Mister-Futsal- Auswahlteam“ ist auch der einzige außerhalb der Halbfinals, der nachhaltig auf sich aufmerksam gemacht hat. In einem Spielsystem welches auf Konter ausgelegt war, reagierte Jelovčić mehrmals phantastisch. Was ihn als Ala auszeichnet: Handlungsschnelligkeit, Technik und ein unglaublicher Antritt auf den ersten Metern. Zeitweise dachte man beim TV schauen, dass sich der Kommentator im Jelovčić-Rausch befindet. Denkwürdig der Einstieg ins Turnier: Erst eine herausragende Vorbereitung zum 1:0 gegen Spanien, dann selbst das 2:1 aus nahezu unmöglicher Lage erzielt und schlussendlich das 3:3 für Capar vorbereitet. Auch gegen Tschechien war es erneut Jelovčić, der für den Punktgewinn sorgt, mit einem sensationeller Pass auf Capar zum wichtigen 3:3. Gegen Italien gelingt ihm was keinem anderen im Turnier gelingt: Sieg im 1gegen1 gegen Mammarella. Ganz klar, dieser Jungen wird wir auch bei der WM für Furore sorgen und sicher bald für einen der großen Clubs in Europa auflaufen.
Robinho (RUS)
Je wichtigter und besser das Spiel, desto besser wurde dieser Spieler: Robinho. Am Anfang des Turniers wirkte Robinho noch etwas wie ein Fremdkörper im russischen Kader. Das lange Ballhalten verschleppte das Tempo der Russen in den ersten Partien, bei denen sie trotzdem überzeugten. Doch je besser die Gegner wurden, desto besser schien auch Robinho zu agieren. Denn dann entpuppte sich das Ballhalten oft als exzellente taktische Maßnahme, um die Geschwinidkeit in der Partie zu bestimmen oder den eigenen Spielern eine kleine Pause zu geben. Hinzu kommt, das es fast unmöglich ist, diesem Spieler den Ball abzunehmen. Robinho war immer als Anspielstation bereit. Das nennt man wohl absolute pressingresistenz. Seinen großen Moment hatte der eingebürgerte Russe im Halbfinale, als er kurz vor Ende der Verlängerung gegen Spanien alleine vor dem Tor auftauchte. Die Chance zum Volkshelfen aufzusteigen ließ er sich nicht nehmen und erzielte das entscheidende 4:3. Sicher eines der besten Momente der EM.
Ricardinho (POR)
Der wohl bekannteste Name im europäischen Futsal darf bei dem Team des Turniers nicht fehlen, oder? Ist Ricardinho nicht ein selbstverliebter Dribbler, dem ein Applaus für einen Trick wichtiger ist als Teamplay? Wir finden, Ricardinho hat es geschafft, seine Technik und Dribblings in das Mannschaftspiel eindrucksvoll einzubinden. Klar, bei keinem weiteren Spieler flippte die Halle derart über technische Raffinessen aus. Jede Finte diente jedoch einem Mannschaftzweck. Sei es der Mannschaft die nötige Ruhe oder Raum zu verschaffen oder den tödlichen Pass auf den zweiten Pfosten zu suchen. Er reduzierte seine Show daher auf Momente, in denen sie den Portugiesen den unerwarteten Moment verschafften. Fehlte Ricardinho mal auf dem Platz, wirkte das Team ideenlos ohne den Maestro und verlief sich ohne Raumgewinn in endlosen Rotationen. Daher ganz klar ein Team- und individueller Star der Europameisterschaft. Wer immer noch nicht überzeut ist, nenne einen Spieler, der aus ein ähnlichen Situation bei Stande von 0:1 ein Tor wie gegen Italien im Halbfinale erzielen kann!
Gabriel Lima (ITA)
Der kleine Kapitän der Italiener war immer dort zu finden, wo er gerade gebraucht wurde. Vorne muss ein Tor erzielt werden? Lima ist da. Hinten muss sich noch einer schnell in den Ball werfen? Lima ist da. Gabriel Lima vereinte alle Tugenden dieser siegreichen italienischen Mannschaft in sich. Seine Führungspersönlichkeit auf dem Feld ist atemberaubend. Kein Moment vergeht, bei dem Lima nicht für den Erfolg arbeitet. Sein Gespür für die richtige Entscheidung, und darauf baut nunmal dieser Sport, steht ihm dabei ebenso wenig im Weg wie seine Abschlußstärkte und Technik am Ball. Die Bezeichnung des Kapitäns hat sich Lima in diesem Turnier verdient. Und mit seinen vier Toren hatte er auch noch einen entscheidenen Anteil am zweiten EM-Erfolg Italiens. Chapo Gabriel Lima!
Arnaldo (POR)
Das Gegenstück zum zaubernden Ricardinho bildete Arnaldo bei Portugal. Der kräftige und durchsetzungsstarke Portugiese bildete die entscheidende Achse mit Ricardinho. Sobald beide zusammen auf dem Feld standen, wurde es gefährlich. Ähnlich wie bei Gabriel Lima und Jordi Torras scheint Arnaldo zum Kapitän geboren zu sein. Sein Tor zur 2:1 Halbzeitführung wirkte wie eine Belohnung für seine aufoperungsvolle Arbeit auf dem Feld. Leider wurde der nun schon 35 Jahre alte Portugiese, der aktuell in Lettland sein Geld verdient, nicht belohnt. Bei uns erhält er trotzdem eine Nomminierung ins Team des Turniers. Taktik, Erfahrung, Entscheidungsfähigkeit und Wille. Alles Kernfähigkeiten eines sehr starken Arnaldos bei dieser EM.
Saad Assis (ITA)
Saad Assis ist ein wahres Urgestein des europäischen Futsals. Der nun schon 35 Jahre alte Italiener mit brasilianischen Wurzeln hat scheinbar keine Altersprobleme. Denn er ist immer noch fitt und mit einer unglaublichen Dynamik ausgestattet. Wenn die Italiener im Angriff eine Lösung gesucht haben, war Saad immer als Problemlöser anwesend. Seine Erfahrung und technischen Fähigkeiten halfen dem Team, schwierige Situationen zu überstehen. Egal ob es schnell gehen oder der Ball behauptet werden musste, Saad hat immer die richtige Entscheidung parat und so unter anderem mit einer genialen Ecke das erste Tor im Finale vorbereitet. Es heißt nicht umsonst, dass der beste Spieler einer Mannschaft die Ecke ausführen soll. Entscheidung und Ausführung sind 70%! Vielleicht war die EM der krönende Abschluss einer Weltklassekarriere, die ihren nächsten Hohepunkt mit dem UEFA Futsal Cup beim FC Barcelona nehmen könnte. Saad ist immer dabei.
Miguelin (ESP)
Der nächste Ala unseres Best-of fehlte der spanischen Mannschaft in der ersten Partien auf Grund einer Verletzung und hob sich vorwiegend durch sein grau-meliertes Haar von seinen Mitspielern auf der Bank ab. Je länger das Turnier dauerte, desto besser fand Miguelin und Spanien in die EM. Seinen besten Moment zeigte der Spanier im Halbfinale gegen Russland im Powerplay. Fünf Minuten vor Ende der regulären Spielzeit war es immer wieder Miguelin, der sein Team mit schier unbändiger Kraft und Energie nach vorne trieb. Dynamische Sprints, viele Torschüsse und schnelle Finten – Miguelin schien die Partie alleine drehen zu wollen. In Situationen in denen es gut läuft (bei Spanien fast immer) kann jeder gut spielen. Aber herausragende Spieler können gerade in spannenden Situationen ihrem Team den entscheidenden Impuls geben. Ein Spieler mit Vorbildcharakter, der sicher als Ala-Prototyp gelten kann. Von daher ein Muss im Best-of.
Abramov (RUS)
Der heimliche Star der Russen ist Sergei Abramov. Der Spieler mit der Nummer neun war eines der wichtigsten Bausteine für den russischen Erfolg. Trotz seiner 169 cm und gerade mal 57 kg ist seine präsenz auf dem Feld eine ganz andere. Oft über den Flügel kommend entwickelt Abramov eine unglaubliche Dynamik. Was Miguelin für Spanien ist, ist Abramov für Russland. Obwohl er nur ein Tor erzielten konnte, war der kleine Russe an vielen Aktionen seines Teams beteiligt. Seine Wendigkeit, Schnelligkeit gepaart mit einer gewissen Durchsetzungsfähigkeit sind wie ein Waffe auf dem Flügel. Aus dem Spiel heraus entwickelte Abramov oft mit Robinho die meiste Gefahr einer tollen russischen Mannschaft. Diesen jungen Spieler gilt es sich für die kommenden Jahre zu merken.
Eder Lima (RUS)
Der traurige Held dieses Turniers. Mit acht Toren in fünf Spielen sicherte sich Eder Lima den Goldenen Schuh des Turniers und erzielte mit seinem Seitfallzieher gegen Portugal in der Gruppenphase wohl das schönste Tor des Turniers. Doch die vielen Tore reichten nicht aus, um sich den Titel zu sichern. Die Zahlen sprechen für sich. Mit acht Toren war Eder Lima der gefährlichste Angreifer des Turniers. Der bullige Pivot war Dreh-und Angelpunkt der russischen Angriffsbemühungen. Sobald Eder Lima den Ball unter Kontrolle hatte, wurde es für die Gegner gefährlich. Seine außerordentliche Ballbehandlung mit dem Rücken zum Tor sowie seine hervoragende Technik und Kaltschnäuzigkeit waren ein Genuß. Das Finaltor gegen Italien war die perfekte Synthese aller seine Fähigkeiten. Annahme, Finte, Drehung, Torschuß. Der Pivot des Turniers!
Fernandao (ESP)
Fernandao ist von seinen Grundlagen der Inbegriff des Pivots. Auch wenn der bullige spanische Pivot nicht sofort bei dem Turnier überzeugte, erzielte er fünf wichtige Tore für den enthronten Titelverteidiger Spanien. Kein anderer Pivot oder Spieler hat so eine glänzende Technik mit der Sohle wie Fernandao. Trotz seines Gewichts ist er flink und beweglich. Seine Bewgungen mit der Sohle sind unnachahmlich. Oft suchten ihn die Spanier in der Mitte als Anspielstation, um schnelle Angriffe über die Mitte einzuleiten. So spielten Miguelin und Lin Fernandao oft mit dem Rücken zum Tor an, um anschließend in die Mitte zu ziehen und abzuschließen. Fernandao behauptete den Ball mit der Sohle und legte den Ball per Pivotpass elegant ab. Auch mit der Picke überzeugte Fernandao mit einem beeindruckenden Tor gegen Russland. Müsste man einen Pivot bauen, Fernandao würde die perfekte Grundlage bilden. Leider gab es einen anderen Pivot bei diesem Turnier, der noch besser agierte als die spanische Nummer sechs. Doch mit dieser Niederlage wird sich Fernandao sicher nicht anfreuden und so werden wir ihn auch bei der nächsten EM sicher sehen dürfen.
Bilderquelle: uefa.de