Mister Futsal fragt… Steffen Bonnekamp

MF. Teil zwei unserer Reihe „Mister Futsal fragt…“. Nachdem Nils Klems letzte Woche den Anfang gemacht hat, folgt nun das zweite Interview mit einer weiteren Futsalpersönlichkeit. Diesmal ist Mister Futsal dafür tief ins Ruhrgebiet vorgedrungen.

Unser heutiger Interviewpartner ist Steffen Bonnekamp, also heißt es diesmal: „Mister Futsal fragt … Steffen Bonnekamp!“ Steffen ist aktuell Spielertrainer bei Futsalicious Essen und Auswahltrainer der FVN-Auswahl (Niederrhein). Anfang dieses Jahres trat Steffen mit der Niederrheinauswahl beim ersten Landesauswahlturnier an und wurde wenige Tage später vom Blog mundosala.es zum Interview gebeten. Jetzt steht Steffen für uns Rede und Antwort.

Steffen Steckbrief

Mister Futsal: Hallo Steffen. Freut uns sehr, dass du dich als Futsalpersönlichkeit bereit erklärt hast, Mister Futsal ein Interview zu geben.

Steffen Bonnekamp: Hallo Mister Futsal! Dein Blog interessiert mich sehr. Bleib am Ball! Und gerne stehe ich Rede und Antwort, doch als „Persönlichkeit im Futsal“ sehe ich mich nicht. Eher als ein wissbegieriger Schüler, der die Futsalentwicklung mit vorantreiben will. Futsalpersönlichkeiten sind defintiv andere!!

MF: Dann lass uns doch direkt durchstarten mit der ersten Frage. Wie bist du zum Futsal gekommen?

SB: Nach Selbststudium der Futsal EM 2001 bei Eurosport, infizierte mich Matthias „Teho“ Terhorst im angebotenen Unikurs mit dem Spiel. Kontinuierlich bequatschte er mich und ich blieb… Durch Studium und Umzug von Dorsten nach Essen war das ständige Pendeln nach Dorsten zum Fußball – gepaart mit dem späteren Job – einfach unerschwinglich. Somit spielte ich hobbymäßig Futsal. 2008 meldeten wir uns bei der FVN-Liga an und seit 2009 bin ich nun Trainer der Essener Futsalicious. Das Spiel an sich hat mich überzeugt. Ein schnelles Spiel ohne Versteckspiel und Verschnaufpausen. Du musst immer hellwach auf der Platte stehen und wirst zu spielerischen Lösungen von Problemen gezwungen. Dazu solltest du recht fair zu Werke gehen wegen der Foulgrenze. Ich persönlich betrachte Futsal als „ehrliches Spiel“, da die volle Spielzeit gegangen wird, du Fehler nicht so leicht kaschieren kannst und nach hinten keinen „Freund-Abseits“ als Mitspieler hast. Absolute Ehrlichkeit bei 4+1 gegen 4+1, wo das Spiel im Vordergrund steht.

MF: Wo spielst du aktuell?

SB: Ich spiele bei Futsalicous Essen I und trainiere diese Truppe auch. Teilweise auch einige der zweiten Mannschaft. Desweiteren leite ich noch die FVN-Auswahl.

MF: Was sind deine Ziele beim Futsal? Sowohl deine persönlichen Ziele, als auch mit deiner Mannschaft?

SB: Meine persönlichen Ziele beim Futsal als Spieler: So lange die Knochen halten, erfolgreich spielen. Als Trainer würde ich gerne langfristig eine schlagkräftige Truppe aufstellen, die auf lange Sicht konkurrenzfähig in der WFLV-Liga ist. Was die mannschaftlichen Ziele angeht, so möchte ich die Truppe beisammen und bei Laune halten, denn die Verbindlichkeit beim Trainingseinsatz lässt oftmals zu wünschen übrig.

MF: Wo du gerade das Thema Training ansprichst: 4-0, 3-1 oder 2-2? Wie wichtig ist die Taktik für dich persönlich?

SB: Gute Frage…, Taktik generell ist wichtig, um bei dem schnellen Spiel geordnet aufzutreten. Nichts ist schlimmer als heilloses Chaos auf dem engen Platz. Ich persönlich denke, dass die von dir vorgegebenen Angriffsvarianten alle Gemeinsamkeiten haben. Es ist sicherlich von Vorteil alle zu kennen, doch sollte man die gängigen beherrschen. Ich persönlich sehe im 4-0 eine Weiterentwicklung des 2-2 mit nicht ganz so offensichtlicher Tiefenstaffelung. Ich denke 1-2-1 ist für die Basics entscheidend, aufbauend 4-0.

MF: Welche ist deine typische Futsaltechnik?

SB: Differieren die Futsaltechniken so sehr? Ich denke Sohle und Pike sollte jeder im Repertoire haben, daher kann ich dir diese Frage nicht eindeutig beantworten.

MF: Verfolgst du auch internationalen Futsal?

SB:  Ja ich schaue mir auf „World Futsal Leagues“ (Facebook-Seite) die gebotenen Ausschnitte an und Verfolge die spanische Liga. Einen Lieblingsclub habe ich aber nicht. Ich interessiere mich mehr für das Spiel an sich. 

MF: Verrätst du uns, welchen Futsal Schuh du trägst?

SB: Am linken Fuß den linken und am rechten…. Neee Spaß beiseite. Ich habe Joma und Munichs getestet und bin mit denen gut klargekommen, doch am wohlsten fühlt sich mein Schlappen in Adidasschuhen. Zur Zeit sind das der Adisala und der Topsala.

MF: Lass uns nun ein bisschen über den Futsal in Deutschland sprechen. Was muss sich deiner Meinung nach in Deutschland ereignen, damit der Futsal sich besser entwickelt?

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Steffen als Trainer der FVN-Auswahl in Duisburg beim Landesauswahlturnier

SB: Ich denke der Futsal entwickelt sich bereits, doch nicht so schnell wie es viele erhoffen. Vorurteile seitens vieler Fußballvereine müssten abgebaut und die Vorteile (nicht nur in der Jugendausbildung) deutlicher dokumentiert, präsentiert und beworben werden. Neben einer qualitativen Trainerausbildung und Spielmöglichkeiten sollte Futsal in die DFB-Talentförderung – also in die Stützpunkte im Jugendfußballbereich – aufgenommen werden. Einerseits macht dies den Sport bei den Fußballvereinen bekannter und interessanter und andererseits bildet man die Fußballer individuell technisch wie taktisch ganzheitlich aus. Ein netter Nebeneffekt ist eine Perspektive für „gescheiterte“ junge Fußballer, die im heranwachsenden Alter aussortiert werden: Sie könnten Futsal spielen. Ligen gibt es ja schon, nur müssten sich noch Sponsoren und oder der ein oder andere „große Fußballclub“ beteiligen und zweigleisig fahren, damit die Ligen wachsen können und Zuschauerzuspruch erfahren. Ein weiteres leidiges Problem sind die Sporthallen und die Hallenzeiten. Es gibt in Deutschland zu wenige Hallen für zu viele Hallensportarten. Dazu hat man manchmal den Eindruck, dass die Hallenzeiten sehr willkürlich nach Sympathie oder ggf. sogar nach Beziehungen vergeben werden. Als kleiner, junger Verein hat man fast keine Chance an eine geeignete Halle zu kommen, geschweige denn zu moderaten Zeiten. Viele Clubs bekommen immerhin einen „Schuhkarton“ zugewiesen, damit sie überhaupt trainieren können. Das ist ein ordentlicher Hemmschuh für die Entwicklung. Ich befürchte zukünftig (gerade bei stetigem Wachstum) einen Interessenkonflikt zwischen Futsal und anderen Sportarten. Klar kann man sagen, „die anderen Sportarten interessieren mich nicht“, doch das wäre zu ignorant. Dazu braucht es einen vernünftigen Konsens.

MF: Gibt es noch weitere Punkte, die hinderlich für den Futsal sind?

SB: Leider denke ich auch, dass Futsal erst dann richtig boomt, wenn er finanziell lukrativ wird. Viele Fußballer kommen zum Futsal und spielen beides, sofern (gerade im höheren Amateurbereich) die Fußballvereine zustimmen. Einige tun dies auch heimlich und riskieren einen Vertragsbruch. Um ausschließlich Futsal für junge, talentierte Spieler interessant zu gestalten, muss es den Futsalvereinen möglich sein, dotierte Verträge abzuschließen, die finanziell entschädigen. Leider entwickelt sich die Gesellschaft weithin dahingehend, dass oftmals materielle Dinge über ideellen stehen, also kurz gesagt: Geld vor Pathos. Nur wenige sind bereit fürs Hobby draufzuzahlen.

MF: Das sind keine guten Aussichten für den Futsal in Deutschland.

SB: Alles klingt wohl ein wenig schwarzgemalt. Aber ich denke mit einer ordentlichen Portion Idealismus und vor allem interessiert-engagierten Landesverbänden, kann man schon eine Menge erreichen. Bis zur Fußballbundesliga hat es auch viele Jahre gedauert und heute ist sie populärer denn je. Auch in Spaniens Futsalszene gibt es ähnliche Probleme, doch sie haben es geschafft. Der DFB sowie die Landesverbände sollten sich dort schulen lassen!

MF: Wie gehst du mit den Vorurteilen gegen den Futsal in Deutschland um? Stört es dich oder gibt es keine?

SB: Also landesspezifische Vorurteile habe ich noch nicht kennengelernt. Ich kenne nur die gängigen Vorurteile gegen Futsal an sich. Leider muss man sagen werden diese einfach nur nachgebrabbelt und polemisch in den Äther geblasen, ohne dass Fachwissen dahinter steckt, geschweige denn ein Selbstversuch. Die meisten „Gegner“ wissen gar nicht wovon sie sprechen und lassen sich auch nur widerwillig auf Diskussionen ein. Wir leben in Deutschland – leider immer noch ein erzkonservatives Land – mit dem Motto: „Haben wir immer so gemacht“, oder „Haben wir noch nie gemacht“. Es stört mich weniger, als dass es mich ermüdet. Leute, die Futsal ausprobieren, lernen es lieben. Ich habe kaum jemanden getroffen, der sich nach dem Selbstversuch weiterhin ablehnend geäußert hat.

MF: Mit dieser Aussage im Hinterkopf: Wie stehen die Chancen für den Futsal in DE?

SB: Bei genügend Interesse seitens der Landesverbände und der Fußballclubs recht gut.

MF: Dann lass uns nochmal den Fokus auf dich legen, Steffen. Was tust du, um den Futsal bekannter zu machen?

SB: Ich stelle mich neben die Zeugen Jehovas und verkaufe das Regelwerk…Nein, Spaß beiseite: Ich infiltriere das System von innen. Als Lehrer habe ich Zugriff auf die Zukunft und dort wird im Unterricht nur Futsal gespielt. Traditioneller Hallenfußball ist sogar aus unserem internen Lehrplan gestrichen worden und gegen Futsal ersetzt worden. Dazu arbeiten wir daran, dass Futsal in die Lehrerausbildung eingebaut wird, da es sich gerade für Schulen sehr eignet. Ansonsten tue ich, was glaube ich jeder Anhänger tut: Werben, werben, werben.

MF: Du erhältst morgen einen Termin beim DFB-Präsidenten Niersbach. Was würdest du dir für den deutschen Futsal wünschen?

SB: Eine offensive Bekundung zum Futsal mit einem zeitlich absolut transparenten, verbindlichen Entwicklungsplan in drei Stufen: Futsal aus dem F+B Bereich ausgliedern und in die Leistungsbereiche integrieren; Futsal auf Verbandsebene etablieren, wettbewerbsfähige Ligen/Strukturen schaffen und eine qualitativ hochwertige Trainerausbildung aufbauen; Bildung einer Nationalmannschaft mit etlichen Lehrgängen unter einem erfahrenen Trainerteam aus dem Ausland in mindestens 2 Jahren. 

MF: Vielen Dank für die vielen interessanten Antworten, Steffen!

 

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